Obdach für Leib und Seele – Erzbischof Stefan Heße besucht Erstorientierungskurs

Fotos: Stefanie Langos
Fotos: Stefanie Langos

Hamburg. „Wie lange sind Sie schon in Hamburg?“, fragt Hamburgs Erzbischof Stefan Heße am Donnerstag vor Pfingsten eine Gruppe von 22 Teilnehmern eines sogenannten Erstorientierungskurses im Jugendzentrum Manna in Volksdorf. „Zwei Monate“, antwortet eine der Teilnehmerinnen. „Und dann können Sie schon gut Deutsch?“ „Gut Deutsch“, antwortet die Frau. Und die Gruppe lacht.

Die Stimmung ist gelöst, die Gruppe lauscht aufmerksam, was der hohe Besuch erzählt. Die erste Stunde des Erstorientierungskurses läuft heute ein bisschen anders. Die Gruppe ist bunt gemischt, Ukrainerinnen, aber auch afghanische Teilnehmer sind zum Unterricht gekommen. Für beide Sprachgruppen gibt es jeweils eine Übersetzung, damit jeder dem folgen kann, was vor der kleinen Bühne im großen Saal des Jugendzentrums passiert. Ein ukrainischer Mann sitzt im hinteren Teil des Raums und hält einen Kinderwagen in Bewegung. Er kümmert sich um den drei Monate alten Igor, damit dessen Mutter in Ruhe Deutsch lernen kann.

„Diese Kurse sind einfach ganz, ganz wichtig und die Menschen sind sehr dankbar, dass sie hier jeden Vormittag sein können“, sagt Susanne Behem-Loeffler, die bei den Maltesern den Integrationsdienst leitet. Mit „hier“ meint sie das Jugendzentrum Manna, dessen Räume vormittags eine Begegnungsstätte für Menschen sind, die die deutsche Sprache und Kultur kennenlernen möchten, weil sie in Deutschland Asyl gesucht haben.

Olga ist vor zwei Monaten aus der Ukraine nach Hamburg geflüchtet: „Hier im Manna bekommen wir Deutschkurs. Unsere Lehrer sind sehr nette Menschen. Sie geben uns alle Informationen über Deutschleben. Hier können wir lachen, Witze erzählen, ein bisschen wandern. Wir besprechen, welche Probleme wir haben. Sie helfen uns auch, diese Probleme zu lösen. Sie geben die deutsche Sprache von Herzen, ich fühle das und beobachte das, das ist sehr schön.“

Heße erkundigt sich, welchem Glauben die Ukrainer angehören. „Orthodox“, sagt eine Teilnehmerin. Bisher hätten in der orthodoxen Kirche in Hamburg Ukrainer und Russen zusammen gebetet und gefeiert. Seit der Krieg ausgebrochen sei, können sie nicht mehr zusammen beten, erzählt Heße. Das sei auch ein Problem an den Schulen, denn Kinder aus Russland seien natürlich nicht an diesem Krieg schuld, so der Erzbischof. „Ich bin froh, dass Sie hier gut angekommen sind und hier eine Atmosphäre erleben, wo sie sich willkommen geheißen fühlen und wo Sie hier in Deutschland erst einmal in Frieden sein können“, sagt Heße.

Es sei wichtig, dass die Menschen nicht nur eine Brücke in die Heimat hätten, sondern auch, dass sie hier in Deutschland auch eine Brücke fänden, in unser Land, zu Menschen oder zu einer Gemeinde und Gemeinschaft erlebten.
Die Fluchtbewegung 2015 aus dem Nahen Osten sei vielleicht auch ein Glücksfall für die versammelten Sprachschüler: „Wir haben gewisse Erfahrungen und darauf können wir aufbauen. Und versuchen, Ihnen jetzt gut zu helfen und unser Land zu öffnen und Ihnen hier eine Zukunft für Sie die nächste Zeit zu geben“, sagte Heße.

In der Begegnungsstätte im Manna gibt es verschiedene Projekte für Flüchtlinge. Ehrenamtliche zeigen Migranten in der sogenannten Schreibwerkstatt beispielsweise, wie sie mit Formularen, E-Mails und Briefen umgehen. „In der Fahrradwerkstatt werden Spendenräder von Ehrenamtlichen fitgemacht und an Bedürftige verteilt, Frauen lernen Fahrradfahren in unserem Fahrradkurs, Lotsen helfen in Tandems den Zugewanderten“, sagt Susanne Behem-Loeffler. In den Erstorientierungskursen werden die Teilnehmer von erfahrenen Dozenten mit der deutschen Sprache, mit Themen wie dem Alltag in Deutschland, Kindergarten und Schule, medizinische Versorgung etc. vertraut gemacht.“ Zurzeit besuchen gut 60 Schüler diese Kurse. „Auch hier ist die Hilfe von Ehrenamtlichen gefragt, im Moment sind besonders Ehrenamtliche die ukrainisch oder russisch sprechen gesucht“, sagt Behem-Loeffler.

„Ich bin dankbar, dass wir hier in Hamburg das Manna haben und, dass die Malteser sich hier haupt- und ehrenamtlich engagieren für geflüchtete Menschen“. Der Besuch in einem Erstorientierungskurs mit Geflüchteten aus der Ukraine und Menschen aus Afghanistan sei wie ein kleines Pfingsterlebnis gewesen: „Die Menschen zusammen, die verschiedenen Sprachen, mit Übersetzungen, man hat sich verstanden. Und vor allem hab ich mitgenommen, wie dankbar und froh man ist, dass hier so viel Engagement ist, dass die Türen geöffnet sind und die Menschen hier eine Heimat finden, weil sie zu Hause nicht bleiben können. Sie wollen zurück, das haben sie alle zum Ausdruck gebracht, aber sie sind froh, dass sie jetzt hier ein Obdach haben – nicht nur für ihren Leib, aber vor allem auch für ihre Seele. Hier finden sie Heimat, hier können sie sein und hier können sie in Frieden sein. Deswegen bin ich dankbar, dass die Malteser und viele andere sich hier so stark dafür einsetzen.“

 


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